Das wissen nur wenige: Es gibt in Chemnitz 2(!) Kaßberge.
1402 wurde "unser" Katzenberg(?) erstmals urkundlich erwähnt, als unter anderem eine am Berg gelegene Ortschaft Borssendorf vom Benediktinerkloster an Chemnitz verkauft wurde. Noch bis 1850 war der strategisch bedenkliche Kaßberg lediglich von Feldern bedeckt, danach entstanden hier erste Gärten. Die Keller an der Ostseite sind seit Anfang 16.Jh. nachweisbar. Sie dienten wohl vorrangig der temparierten Lagerung schwergehopfter Biere aus Bayern. Nach Umbau und Nutzung als Luftschutzkeller, Verfall, illegaler Beatschuppen führt heute eine Weinhandlung mit Lager-Mietfläche in den Berg. Die Stollen sind weitreichend zu besichtigen. Es finden auch Musikevents statt!
1857 war als erstes Haus am Hang für einen Lehrer (!) Johann Stahlknecht erbaut worden. Oder war es die Gartenlaube vom Gärtner Rötzschke? Durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Gründerjahre bei dem Wunsch betuchter Bürger, auf Tuchfühlung zu bleiben, entstanden recht üppig ausgestattete vier- bis fünfgeschossige Wohnhäuser und Villen, dem alten Rußchemnitz bis zu 30 m überlegen. Die gründerzeitliche Karreebebauung kam hier ohne Hinterhäuser aus. Sie wurde verschwenderisch durch Alleen und grüne Innenhöfe aufgelockert.
Die Bierbrücke entstand 1869/70 in ihrer heutigen Form. Die Kaßbergauffahrt Weststraße wurde 1908 auf 17 m verbreitert, und bald und lange Jahre wackelte dann die Straßenbahn tapfer hoch.
Auffällig ist das Straßennetz (Planung um 1875) parallel oder rechtwinklig dem Hanggefälle angepasst. Dabei haben einige Straßen leichte Stufen erhalten, die bei Tempo 80 richtig Vergnügen bereiten. Autos und Parkplätze waren damals in der Planung nicht berücksichtigt.
1991 erhielt der Kaßberg den Status eines gründerzeitlichen Flächendenkmals, zu dem 460 Gebäude und 370 Kulturdenkmale gehören. Zahlreiche repräsantative Amtsgebäude, attraktive Villen, imposante Schulbauten gehören ebenso zu diesem Ensemble wie die Erinnerung an die einst als Zierde des Kaßbergs gerühmte Synagoge am Stephanplatz, die in der Reichskristallnacht vom 9. zum 10. November 1938 abgefackelt wurde. Eine Gedenkstele von Volker Beier erinnetrt daran. Tipp: Besuch des Jüdischen Friedhofes