Architektur in Chemnitz
Überblick
vor Industriezeit bis 1800
Industrie- und Gründerzeit
Klassizismus 1800-1870
Industriebau 1800-1870
Industriebau 1871-1939
Historismus bis Jugendstil
- öffentliches Bauen
- Schulen
- Villen
- Wohnungsbau
- Kirchenbau
Die Industrialisierung und der damit verbundene steigende Bedarf an Arbeitskräften begann schon vor der Reichsgründung. Dass sich damit die ohnehin für Chemnitz prekäre Wohnungsnot und Wohnqualität eher verschlechterte, scheint paradox. Das hängt aber auch damit zusammen, dass für viele wohlhabende Bürger die Stadt eher nur verlängerte Werkbank war. Insgesamt waren der Prunksucht durch üppig neobarocke Bürgerhäuser im Vergleich zum süddeutschen Raum Grenzen gesetzt.
Wie die Mehrheit der Einwohner hauste, kann man sich am besten vorstellen, wenn man eines der wenig erhaltenen Häuser im heimatlichen Stil betritt, sich aus einem Fenster lehnen will und feststellt: die Schulter passt nicht durch den Rahmen. Da waren solche Häuser wie im Bogen der Frankenberger Straße vielleicht noch stattlich. Oben am Schlossberg findet man noch einige geduckte Häuser, die sich verglichen mit den viel älteren Bauten weiter unten armselig ausnehmen.
1836 entstand auf dem ehemaligen Anger (Theaterplatz) ein "modernes Wohnviertel" für arme Leute, der Brühl. Noch Ende der 1950er Jahre gab es an und um die Mühlenstraße geschlossene Zeilen solcher meist zweigeschossigen Häuser.
Im 19. Jh. war in Chemnitz ein stark reduzierter Klassizismus verbreitet - kaum viergeschossig, ohne ordnende Säulen oder Giebeldreiecke.
Umso wichtiger, dass mit dem um 1856/62 entstandenen Kavaliershaus auf dem Schloßberg Salzstraße 54 ein spätklassizistisches Gebäudeensemble erhalten und saniert wurde. Im Zentrum des blumenumrankten Giebeldreiecks sind die Buchstaben RW eingearbeitet, Hinweis auf den Bauherrn und Chemnitzer Papier- und Kunsthändler Robert Winkler. Im Kavaliershaus, bestehend aus Zentralbau und Parkvorplatz begrenzende Seitenflügeln, logierten jungen unverheiratete Burschen.
Dass in diesem Jahrhundert nach Wegfall des Absolutismus um neuen Formen der Architektur gerungen und oft auf klassisch antike Merkmale reduziert wurde, ist nachvollziehbar. Wie verzweifelt diese Suche war, zeigt sich auch darin, dass dem späten Klassizismus der Neoklassizismus fast übergangslos folgte, da auch eine sture Rückbesinnung auf andere Stilrichtungen nicht unbedingt moderner schienen.
An den Sonnenberg-Terrassen Dresdner Straße 38 findet man diese neoklassizistische Villa von 1865.
Dahinter das 1910/11 erbaute (ehemalige) Druck- und Verlagshaus von Landgrafs Co. in Jugendstil-lndustriearchitektur.
Ein sehr schönes, aufgrund seiner schlichten Farbgebung wohl gern übersehenes, Beispiel für späteren Neoklassizismus findet man mit diesem Eckhaus an der Zschopauer Straße - deutlich abgesetzter Eckturm, Gliederung durch Säulen, antik wirkend eingestellte Figuren.